
Leseprobe Mäusealarm
Kaum war Fritz auf dem Tisch gelandet, da wollte er schon lossausen. Es gab allerdings einen Ruck, und Fritz wurde von den Beinen gerissen und landete unsanft mit seinem Allerwertesten auf dem mit Mehl bestäubten Tisch. Max stand mit seiner großen Tatze auf seinem Schwänzchen!
„Nicht so schnell, mein kleiner Freund. Hör gut zu. Du darfst dir zwei vernünftige Ziele aussuchen. Knuspere ein gut sichtbares Loch hinein, sodass es der Bäcker auch gleich sieht. Du sollst dich jetzt nicht satt essen, das machen wir später. Vernünftig wäre vielleicht ein schmackhaftes Walnussbrot und, weil ja bald Weihnachten ist, einen Stollen!“
Fritz nickte zwar, aber er hörte gar nicht mehr zu. Die Düfte waren einfach zu verführerisch. Er wollte alles, aber auch wirklich alles kosten.
Als Max seine Pfote anhob und sich der Druck von seinem Schwänzchen löste, sauste er los. Er drehte sich nach links, beschleunigte auf maximale Mäusegeschwindigkeit
und sprang auf den kleineren der drei Tische. Hier standen die Kuchen, beziehungsweise Torten. Ohne abzubremsen, sprang er in gestreckter Haltung in die Höhe und wie ein Turmspringer, der elegant in das Wasserbecken eintauchte, verschwand Fritz in der Schokoladentorte.
„Nein!“, schrie Max, ausnahmsweise gar nicht träge, „was machst du denn da?“
Das hörte die kleine Maus natürlich schon nicht mehr. Als Fritz auf der anderen Seite mit schokoladenverschmiertem Gesicht herauskam, berührte er nur ganz kurz den Tisch und verschwand schon wieder in der nächsten Torte. Diesmal schoss er wie eine Rakete aus dem Deckel hervor, machte in der Luft eine geschickte Drehung und landete wieder auf dem Tisch.
Max hörte nur, wie Fritz verzückt rief: „Unglaublich, was war denn das Leckeres?“
Max seufzte nur leise: „Käsesahne.“
Fritz hörte die Antwort nicht. Schon war er auf dem Nachbartisch gelandet, wo noch mehrere Bleche Plätzchen standen. Wie im Rausch biss er kurz in jedes an dem er vorbei kam. Vanillekipferl, Zimtsterne, Nussecken, Butterplätzchen mit und ohne Marmeladenfüllung. Den Stollen ließ er allerdings links liegen, da er kein Freund von Orangeat war. Wie ein Blitz war er auf das Regal mit den Broten, Brötchen und viel mehr gesprungen und knusperte unzählige Teile an. Von dort hüpfte er wieder auf den Tisch und stand neben Max.
Er musste erst verschnaufen, aber sobald es ging, sagte er: „Na? Wie war ich?“
Max saß mit hängenden Schultern da und schüttelte langsam den Kopf.
„Nein, das war gar nicht gut! Nein, nein, nein! Nein, das war gar nicht gut!“
„Max“, rief Fritz ganz laut, um ihn aus dieser Schockstarre zu lösen. „Max, alles gut?“
Dieser reagierte tatsächlich und drehte den Kopf zu ihm. „Wir hatten doch ausgemacht, dass du zwei Sachen an knuspern darfst, aber doch nicht alles! Was hast du dir denn nur dabei gedacht? Ich würde.“
Er stoppte mitten im Satz. Seine Ohren stellten sich auf, und er hielt die Luft an. Plötzlich knarrte die Tür am Ende der Treppe.
„Der Bäcker kommt! Schnell, versteck dich!“
Die beiden hüpften vom Tisch und verschwanden in der dunklen Ecke aus der zuvor Max gekommen war. Die Schritte wurden lauter und er sah zum ersten Mal den jungen Mann.
Fritz wagte kaum zu atmen.



